Offene Sprechstunde und Hausarztvermittlungsfall – wie sie sich auch für Ihre Praxis lohnen
Herzlich willkommen zu unserem Artikel über die offene Sprechstunde und wie sie sich auch für Ihre Praxis lohnen kann. In diesem Artikel werden wir die Definition der offenen Sprechstunde erläutern, wer diese anbieten muss und welche Vorteile und Nachteile damit verbunden sind. Außerdem werden wir besprechen, wie man die offene Sprechstunde richtig nutzt und wie sie abgerechnet wird. Lassen Sie uns direkt loslegen!
Weitere Informationen zum Thema Abrechnung finden Sie unter: https://ratiomedicus.de/2023/09/18/abrechnung-in-der-arztpraxis/
Offene Sprechstunde: Definition
Die offene Sprechstunde ist eine besondere Art der Sprechstunde, bei der Patienten ohne vorherige Terminvereinbarung in die Praxis kommen können. Bei dieser Form der Sprechstunde steht der Arzt oder die Ärztin für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung, um akute oder dringende medizinische Anliegen zu klären. Oft wird die offene Sprechstunde als Ergänzung zu den regulären Terminsprechstunden angeboten.
Wer muss offene Sprechstunde anbieten?
Die gesetzliche Regelung der offenen Sprechstunde wurde durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) in Deutschland festgelegt. Das TSVG schreibt vor, dass bestimmte Fachärzte mindestens fünf Stunden pro Woche als offene Sprechstunde anbieten müssen. Dazu gehören:
- Orthopäden
- Neurologen
- Kinder- und Jugendpsychiater
- Augenärzte
- Chirurgen
- Hautärzte
- Neurochirurgen
- Psychiater
- Urologen
- Gynäkologen
- HNO-Ärzte
Nähere Infos unter: KBV.de
Warum sind offene Sprechstunden sinnvoll?
Vorteile
Die offene Sprechstunde bietet viele Vorteile sowohl für die Patienten als auch für die Ärzte. Für die Patienten bedeutet dies, dass sie bei akuten gesundheitlichen Problemen schnell einen Termin erhalten können, ohne auf einen regulären Termin warten zu müssen. Dies kann besonders hilfreich sein, wenn es sich um dringende medizinische Anliegen handelt, die sofortige ärztliche Aufmerksamkeit erfordern. Die offene Sprechstunde ermöglicht es den Ärzten auch, flexibel auf die Bedürfnisse der Patienten einzugehen und zusätzliche Kapazitäten für akute Fälle bereitzustellen, die erhöht vergütet werden. Der gesamte Patient ist im laufenden Quartal budgetfrei plus eine erhöhte Grundpauschale.
Nachteile
Es gibt jedoch auch einige Nachteile bei der offenen Sprechstunde. Durch die offene Sprechstunde können viele Patienten ohne Termin in die Praxis kommen, was zu längeren Wartezeiten führen kann. Dies kann sowohl für die Patienten als auch für die Ärzte frustrierend sein, da die Behandlungszeiten nicht im Voraus geplant werden können. Außerdem kann die offene Sprechstunde zu einer höheren Arbeitsbelastung für die Ärzte führen, da sie sich neben den regulären Terminsprechstunden auch um die Patienten der offenen Sprechstunde kümmern müssen.
Wie wird die offene Sprechstunde abgerechnet?
Die Abrechnung der offenen Sprechstunde erfolgt über die kassenärztlichen Vereinigungen. Die Vergütung erfolgt nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der die ärztlichen Leistungen entsprechend vergütet. Es ist wichtig, die korrekten Abrechnungsziffern zu verwenden und die Abrechnung sorgfältig zu dokumentieren, um eine reibungslose Abrechnung sicherzustellen.
Kennzeichnung der offenen Sprechstunde
Die Umsetzung beinhaltet eine Höchstgrenze ausbudgetierter Behandlungsfälle der offenen Sprechstunde, die praxisbezogen auf Basis der Arztgruppenfälle des aktuellen Quartals bestimmt wird. Maximal werden 17,5 Pro-zent dieser Fälle als „offene-Sprechstunden-Fälle“ extrabudgetär vergütet.
Bei Überschreitung der Höchstgrenze für die extrabudgetär zu vergütenden Fälle erfolgt die Auswahl der her-anzuziehenden Fälle per definiertem Zufallsalgorithmus.
Kennzeichnung offene Sprechstunde: Angabe der Pseudo-GOP 99873O („O“ wie offene Sprechstunde). In der Feldkennung 4103 (Vermittlungs/-Kontaktart) ist im Praxisverwaltungssystem (PVS) die Vermittlungsart 4 einzutragen.
Buchstabe | Zeitraum bis zum durch die TSS oder den Hausarzt vermittelten Termin | Zuschlag zur jeweiligen altersgruppenspezifischen Versicherten-, Grund- bzw. Konsiliarpauschale |
A | TSS-Akutfall, wenn von TSS als solcher eingeschätzt (Behandlung spätestens am Folgetag) | 200 Prozent |
B | TSS-Terminfall oder Hausarzt
vermittelt 1. bis 4. Tag |
100 Prozent |
C | TSS-Terminfall oder Hausarzt
vermittelt 5. bis 14. Tag |
80 Prozent |
D | TSS-Terminfall oder Hausarzt
vermittelt 15. bis 35. Tag |
40 Prozent |
Der Tag nach der Terminvermittlung gilt jeweils als erster Zähltag
Beispiel A: Bei einer Terminvermittlung durch die Terminservicestelle an einen Orthopäden – hier innerhalb von vier Tagen – ist von diesem die GOP 99873T und zusätzlich die GOP 18228B abzurechnen.
Beispiel B: Bei einer Terminvermittlung durch den Hausarzt an einen Orthopäden – hier am 10. Tag – ist von diesem die GOP 99873H und zusätzlich die GOP 18228C abzurechnen.
Die GOP mit den Buchstabenkennzeichnungen sind im Praxisverwaltungssystem (PVS) hinterlegt.
Wartezeitzuschläge – Die arztgruppenspezifischen GOPs
Fachgruppe | GOP: „Zuschlag TSS-Terminvermittlung oder Vermitt-lung durch Hausarzt“* |
Hausärzte | 03010 (nur bei TSS) |
Kinder- und Jugendmediziner | 04010 |
Anästhesiologie | 05228 |
Augenheilkunde | 06228 |
Chirurgie | 07228 |
Gynäkologie | 08228 |
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde | 09228 |
Dermatologie | 10228 |
Humangenetik | 11228 |
Innere Medizin | |
ohne Schwerpunkt (SP) | 13228 |
SP Angiologie | 13298 |
SP Endokrinologie | 13348 |
SP Gastroenterologie | 13398 |
SP Hämatologie/Onkologie | 13498 |
SP Kardiologie | 13548 |
SP Nephrologie | 13598 |
SP Pneumologie | 13648 |
SP Rheumatologie | 13698 |
Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie | 14218 |
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie | 15228 |
Neurologie | 16228 |
Nuklearmedizin | 17228 |
Orthopädie | 18228 |
Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen | 20228 |
Psychiatrie und Psychotherapie | 21236 |
Nervenheilkunde und Neurologie und Psychiatrie | 21237 |
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie | 22228 |
Ärztliche und psychologische Psychotherapie | 23228 |
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie | 23229 |
Radiologie | 24228 |
Strahlentherapie | |
bei gutartiger Erkrankung | 25228 |
bei bösartiger Erkrankung | 25229 |
nach strahlentherapeutischer Behandlung | 25230 |
Urologie | 26228 |
Physikalische und Rehabilitative Medizin | 27228 |
Schmerztherapie | 30705 |
Ermächtigte Ärzte, Institute und Krankenhäuser | |
Zuschlag zur Grundpauschale I (01320) | 01322 |
Zuschlag zur Grundpauschale II (GOP 01321) | 01323 |
Terminvermittlung durch die Terminservicestellen
Bei der offenen Sprechstunde können die Patienten direkt in die Praxis kommen, ohne vorherige Terminvereinbarung. In einigen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein, eine Terminvermittlung durch die Terminservicestellen in Anspruch zu nehmen. Diese Stellen können den Patienten bei der Suche nach einem geeigneten Arzttermin unterstützen und sie an die entsprechenden Praxen vermitteln.
Zählung der Kalendertage
Bei der Abrechnung der offenen Sprechstunden ist es wichtig, die Regelungen zur Zählung der Kalendertage zu beachten. Die offene Sprechstunde muss an mindestens fünf Tagen pro Woche angeboten werden, wobei die Tage nicht aufeinander folgen müssen. Es ist jedoch wichtig sicherzustellen, dass die offene Sprechstunde regelmäßig stattfindet und die Patienten zuverlässig damit rechnen können.
Terminvermittlung durch den Hausarzt – Hausarztvermittlungsfall
Eine weitere Möglichkeit der Terminvermittlung ist die Überweisung durch den Hausarzt, der sogenannte Hausarztvermittlungsfall Der Hausarzt kann den Patienten bei Bedarf an einen Facharzt überweisen. Dies kann eine gute Möglichkeit sein, um die Patientenströme zu steuern und effektiver zu gestalten. Im vermittelten Quartal sind diese Patient*innen beim Facharzt budgetfrei bei einer Begrenzung von 15% der Arztfälle.
Eine effektive Nutzung erfordert allerdings eine gute Abstimmung zwischen zuweisenden Hausärzten und den Fachärzten.
Abrechnung durch den Hausarzt
Der Hausarzt kann den Hausarztvermittlungsfall mit der GOP 03008 abrechnen, wenn er einen Patienten an einen Facharzt überweist. Am einfachsten ist es, der Facharzttermin findet innerhalb von 4 Kalendertagen statt, dann erhält der überweisende Hausarzt 15,05 € und hat keinen weiteren Aufwand. Findet der Facharzttermin später statt, muss der Hausarzt dokumentieren, weshalb der Termin nicht innerhalb von 4 Tagen stattfinden konnte.
Abrechnung durch den Facharzt
Der Facharzt kennzeichnet den Hausarztvermittlungsfall mit einer GOP 99873H plus immer die GOP für den Wartezeitzuschlag z. B. 18228C (beim Orthopäden, hier am 10. Tag) der jeweiligen Fachgruppe anzusetzen, ansonsten wird die 99873H gestrichen.
Wir hoffen, dass Ihnen dieser Artikel einen guten Überblick über die offene Sprechstunde und den Hausarztvermittlungsfall und ihre Vorteile gegeben hat. Beides kann eine effektive Möglichkeit sein, um Patienten flexibel und zeitnah zu behandeln. Wenn Sie eine Arztpraxis haben, sollten Sie prüfen, ob die offene Sprechstunde für Ihre Praxis geeignet ist und wie Sie diese optimal nutzen können. Denken Sie daran, dass die rechtlichen Vorgaben einzuhalten und die Abrechnung sorgfältig zu dokumentieren sind. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung der offenen Sprechstunde!